Risikoanalyse Indirekte Wirkung / nicht relevant

Hallo zusammen,

Es geht (wiedermal) :slight_smile: :smiley: um mein Lieblingsthema Risikoanalyse. Im Zuge unseres Audits kam nochmals die Diskussion hoch, wie GefĂ€hrdungen mit einer indirekten Wirkung bzw. nicht relevante GefĂ€hrdungen sinnvoll und ĂŒbersichtlich dokumentiert werden können. So wie ich es sehe, ist dies aktuell in verinice nicht möglich. Ich meine tatsĂ€chlich das Thema hier auch schon mal gelesen zu haben, aber ich kann es im Moment nicht mehr finden.

Mein Vorschlag wĂ€re konkret im Auswahlfeld „Risikobehandlung“ einen weitere Möglichkeit zu integrieren fĂŒr „indirekte Wirkung / nicht relevant“ (gemĂ€ĂŸ 200-3) damit man sauber dokumentieren kann, dass man eine GefĂ€hrdung betrachtet hat, aber im entsprechenden Kontext diese nicht relevant ist bzw. woanders behandelt wird. Perfekt wĂ€re es noch, wenn dann die entsprechende GefĂ€hrdung vielleicht mit „blau“ gekennzeichnet wird (damit es auch direkt beim Überblick erkenntlich ist).

Ich wĂŒrde mich ĂŒber Feedback zu dieser Idee freuen und natĂŒrlich hoffen, dass diese in einem kommenden Release integriert wird (sollte nach meinem VerstĂ€ndnis ja nicht so komplex sein).

Gruß Carlo Cottin

Ich stecke fachlich nicht so drinnen, aber ich dachte Auswirkung: „vernachlĂ€ssigbar“ mit Risikobehandlung: „Risikoakzeptanz“ sagt genau das aus?

Ich hab das mal als feature idee zur Diskussion gestellt. Danke fĂŒr den Vorschlag!

Hallo Herr @Cotttin,

da die Risikoanalyse auch eines meiner Lieblingsthemen ist, steige ich gerne in die Diskussion ein :wink:

Bei der angesprochenen Fragestellung handelt es sich gemĂ€ĂŸ BSI-Standard 200-3 Kapitel 4.1 um die Ermittlung von elementaren GefĂ€hrdungen als Ausgangspunkt fĂŒr die Risikoanalyse, also nicht die Risikoanalyse selbst!

Die Ermittlung von elementaren GefĂ€hrdungen ist wie dort beschrieben nur fĂŒr benutzerdefinierte Bausteine erforderlich:

„FĂŒr bestehende Bausteine wurde bereits vorab eine Risikoanalyse durchgefĂŒhrt und damit wurden fĂŒr diese Bausteine bereits die relevanten elementaren GefĂ€hrdungen ermittelt, die als Ausgangspunkt der GefĂ€hrdungsanalyse verwendet werden können.“

FĂŒr vom BSI im IT-Grundschutz-Kompendium veröffentlichte Bausteine ist dieser Schritt demnach nicht mehr erforderlich und eben kein Bestandteil der durchzufĂŒhrenden Risikoanalyse!

Allein bei der Erstellung benutzerdefinierter Bausteine ist demnach die Ermittlung der elementaren GefÀhrdungen (sowie die Ermittlung eventueller zusÀtzlicher GefÀhrdungen) erforderlich.

PrimĂ€res Ziel sollte dabei sein, die relevanten GefĂ€hrdungen zu ermitteln und fĂŒr die Risikoanalyse in den benutzerdefinierten Baustein zu ĂŒbernehmen, wie auch im Standard gefordert:

„„Direkt relevant“bedeutet hier, dass die jeweilige GefĂ€hrdung auf das betrachtete Zielobjekt ein­wirken kann und deshalb im Rahmen der Risikoanalyse behandelt werden muss.“

Erst im zweiten Schritt wĂŒrde ich persönlich die irrelevanten GefĂ€hrdungen hinterfragen und wo sinnvoll im Baustein selber dokumentieren, warum diese ausgeschlossen wurden. Der Einfachheit halber dokumentiere ich das ganz konkret in einem Dokument Ermittlung elementarer GefĂ€hrdungen und hĂ€nge es in verinice an den Baustein an. Ich wĂŒrde diese GefĂ€hrdungen aber eben nicht mit in den Baustein aufnehmen und mir aufbĂŒrden dann in der Risikoanalyse doch wieder alle 47 elementaren GefĂ€hrdungen bewerten zu mĂŒssen!

Ich persönlich halte es in diesem Kontext auch nicht fĂŒr sinnvoll, sprich einen Mehrwert fĂŒr die Informationssicherheit bietend, wenn ich begrĂŒnde, warum ich die GefĂ€hrdung Feuer als irrelevant fĂŒr das Zielobjekt Betriebssystem bewerte. Die Beispiele im BSI-Standard 200-3 sind diesbezĂŒglich in meinen Augen zum Teil unglĂŒcklich gewĂ€hlt.

Der folgende Abschnitt aus dem Standard fasst den letztgenannten Punkt stichhaltig zusammen:

„„Nicht relevant“ heißt hier, dass die jeweilige GefĂ€hrdung nicht auf das betrachtete Zielobjekt ein­ wirken kann und deshalb fĂŒr dieses Zielobjekt im Rahmen der Risikoanalyse nicht behandelt wer­den muss.“

Analog wĂŒrde ich auch mit den GefĂ€hrdungen mit indirekter Wirkung verfahren, wobei ich den folgenden Abschnitt aus dem Standard heranziehe:

„„Indirekt relevant“ meint hier, dass die jeweilige GefĂ€hrdung zwar auf das betrachtete Zielobjekt einwirken kann, in ihrer potenziellen Wirkung aber nicht ĂŒber andere (allgemeinere) GefĂ€hrdun­gen hinausgeht. In diesem Fall muss die jeweilige GefĂ€hrdung fĂŒr dieses Zielobjekt nicht gesondert im Rahmen der Risikoanalyse behandelt werden.“

Zusammenfassend lĂ€sst sich sagen, dass die Ermittlung der elementaren GefĂ€hrdungen als der Risikoanalyse vorgeschalteter Aufgabe fĂŒr einen benutzerdefinierten Baustein resultiert in:

  • Einem benutzerdefinierten Baustein mit relevanten elementaren und zusĂ€tzlichen GefĂ€hrdungen fĂŒr die anschließende Risikoanalyse.

  • Einer (wo sinnvoll) stichhaltig begrĂŒndeten Liste mit als irrelevant bewerteten elementaren GefĂ€hrdungen und elementaren GefĂ€hrdungen, deren Wirkung als indirekt betrachtet wird, die zur Dokumentation an den Baustein angehĂ€ngt wird.

Beides kann ich in verinice perfekt, das heißt stichhaltig nachvollziehbar und mit geringstmöglichem Aufwand dokumentieren.

Ich hoffe meine Antwort trifft auf Ihre Zustimmung und freue mich ggfs. auf weitere Diskussion.

MfG mflue

Der VollstÀndigkeit halbe verschiebe ich den Feature Request in die Rubrik Erledigt.

mfg mflue

Hallo und direkt erstmal danke fĂŒr die ausfĂŒhrliche Antwort!

Ich gebe Ihnen erstmal Recht, dass wir uns noch im Schritt Ermittlung der elementaren GefĂ€hrdungen befinden und (noch) nicht in der Risikoanalyse und ja, primĂ€r betrifft es benutzerdefinierte Bausteine. Trotzdem ergibt sich das Problem m.E. auch fĂŒr Zielobjekte die perfekt mit dem bestehenden Kompendium modelliert werden können weil ich hierbei elementare GefĂ€hrdungen x-mal ggf. auf unterschiedlichen Ebenen betrachten muss (wir haben bei uns eine hohe dreistellige Anzahl an GefĂ€hrdungen alleine auf Basis der regulĂ€ren Modellierung nach BSI GS unabhĂ€ngig von individuellen spezifischen GefĂ€hrdungen). Sie schlagen vor, dies mit einer begrĂŒndeten Liste an das Zielobjekt zu hĂ€ngen (was natĂŒrlich geht), aus meiner Sicht wĂŒrde ich dann aber die strukturierte Abbildung ĂŒber verinice bevorzugen.

Die Behandlung der Themen ĂŒber den Masseneditor ist natĂŒrlich auch möglich, aber hiermit verbaue ich mir m.E. die Möglichkeit sinnvolle Auswertungen zu erzeugen (was in verinice m.E. perfekt ĂŒber die Abfragen möglich ist) weil dadurch Risiken (also jetzt wirklich Risiken) mehrfach auftauchen obwohl es faktisch nur einmal da ist. Risiken in der Informationssicherheit betreffen ja i.d.R. nie nur ein Zielobjekt sondern immer „die gesamte Kette“, wenn ich nun ein mittleres oder hohes Risiko in einem Informationsverbund habe, welches 5 Zielobjekte betrifft will ich ja auch nicht in einem Report an die Leitung 5 (identische) Risiken ausweisen. Wir haben dies teilweise gelöst, indem wir die ĂŒbergreifenden Risiken auf Ebene der Prozesse (mit zusĂ€tzlichen VerknĂŒpfungen auf die einzelnen technischen Zielobjekte) beschrieben haben, was mich aber dann wieder zurĂŒck auf die ursprĂŒngliche Fragestellung bringt. :smiley:

Sorry fĂŒr das nerven hierbei, ich bin auch total zufrieden mit verinice, ich will nur den letzten Knoten im Kopf beim Thema Risikoanalyse nach 200-3 auflösen und eine transparente Struktur erzeugen (hierzu kommt auch gleich nochmal ne separate Frage zum Umgang mit dem Status Risikovermeidung aber ich wollte nicht zu sehr hier off-topic wandern).

Zusammenfassend: Noch haben Sie mich nicht vom Status „erledigt“ ĂŒberzeugt, ich sehe immernoch einen Mehrwert fĂŒr meinen Vorschlag :grin:

Gruß Carlo Cottin